Geschichte der Gartenstadt Marga in Versen

Wolfgang Wache, Schriftsteller, Ortschronist Brieske-Marga, Kulturpädagoge, Künstler, fasste die Geschichte der Gartenstadt Marga in einem 6-teiligen Gedichtzyklus zusammen.
Mit Aufnahmen von Architekturdetails entstanden daraus 6 Kunstpostkarten.

Wolfgang Waches Verse vermitteln die Geschichte der Gartenstadt Marga von der Planung und dem Bau der Bergarbeiterkolonie bis zur Gegenwart in jeweils 3 Strophen zu 4 Zeilen entsprechend der betrachteten Zeitabschnitte und Themen.

 

 

 

 

Marga – du Wohlwollende

Wolfgang Wache baute vor vielen Jahren die Gruppe der Ortschronisten Brieske-Marga auf. Naturgemäß hat sich die Mitgliederzahl reduziert – einige stiegen aus Altersgründen aus, andere verstarben.
Interessierte an der Geschichte der Gartenstadt Marga können sich jederzeit im NLZ „Ich schreibe!“ melden und sich schon einmal mit den Versen des Gedichtzyklus „Marga – du Wohlwollende“ mit der besonderen Historie des Ortes vertraut machen.

 

 

 

 

Kohlenstaub in Hinterhöfen und auf Wäscheplätzen

Wäsche waschen und auf der Wiese hinter dem Haus aufhängen, wenige Meter von der Brikettfabrik mit den rauchenden Schloten entfernt – das ging, wichtig war nur, dass man die Windrichtung beachtete.
Seit die Brikettfabriken Anfang der 1990-er Jahre abgerissen wurden, gibt es auch keinen Kohlenstaub mehr auf den Fensterbrettern und den Jacken und Bettlaken auf der Leine…

In den Sommerferien laden wir regelmäßig Kinder zum Entdecken der Gartenstadt ein. Mal machen wir uns mit Fotoapparaten auf den Weg, mal steigen wir in die Geschichte ein und drehen einen Film an den interessantesten Orten, mal suchen wir Motive, die dann mit Aquarellfarben auf Papierbögen interpretiert werden.

 

 

 

 

„welch ein Baumfest“ in der Gartenstadt Marga

Ein Thema in Wolfgang Waches Gedichtzyklus „Marga – du Wohlwollende“ ist die besondere Flora in der Gartenstadt Marga.

Die Baumbestände sind z.T. über 100 Jahre alt und wurden zu einer Zeit gepflanzt, als es noch keine großen Reisebusse und viel weniger Automobile incl. deren Abgase gab. Einige Stallgebäude wurden im Zuge der Gartenstadtsanierung weggerissen, an Stelle derer gibt es jetzt PKW-Stellflächen. Heute hat eben nicht mehr jeder Marganer ein Schaf oder eine Ziege sondern ein Kombi oder SUV.

 

 

 

 

Krieg in der Bergarbeiterkolonie Marga

Es heißt, dass die Arbeiterkolonie Marga zwischen 1907 und 1915 im Auftrag der ILSE Bergbau-Actiengesellschaft erbaut wurde. Tatsache ist, dass Entwürfe zeigen, dass Marga noch viel größer werden sollte. Die spiralförmige Anlage hätte weitere „Ringe“ zugelassen, jedoch machte der Ausbruch des Krieges 1914, der als 1. Weltkrieg in die Geschichtsbücher einging, eine Expansion unmöglich. Die Lebens- und Arbeitswelt veränderte sich in den vier Kriegsjahren, Zerstörtes musste wieder aufgebaut werden oder neu gebaut werden, nicht abgeschlossene (Bau)Projekte blieben unvollendet – es fehlte nach 1918 an allem, Geld, Material, Arbeitskräfte, Zuversicht. Es verging nicht einmal ein Vierteljahrhundert, da steckte Deutschland mitten im nächsten Krieg. Der sollte nun alles richten und wieder Ordnung herstellen, wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand bringen, freilich nur für bestimmte Menschen und auf Kosten von Millionen von Leben.

 

 

 

 

Stelldichein […] zum Geschwätz

Immer wieder bemängeln die Marganer die Sitzbänke in der Gartenstadt – also sie bemängeln, dass es von ihnen zu wenige gibt. Vielleicht ist das aber auch ein Luxus der Neuzeit, dass man sich nach mehr Ruheorten sehnt. Sich setzen, auf eine Bank und sich an den rauschenden, schattenspendenden Bäumen erfreuen, den Rosen-, Sonnenblumen- und Dahlienblüten in den Gärten, dem Gesang der Amseln, dem Anblick eines filigranen Reliefs an der Hausfassade. Doch begeben wir uns gedanklich zurück in die Zeit, da von der Grube das Quietschen der Bagger zu hören war, aus der Fabrik das Staccato der Brikettpressen, aus den Ställen das Grunzen und Blöken der hungrigen Haustiere; zurück in die Zeit, da die Dächer und Sitzbänke bedeckt sind von Kohlenstaub und Taubendreck. Wer möchte sich da genießerisch hinsetzen, wer hat dazu die Zeit, wenn nach der Schicht das Vieh versorgt, der Acker bestellt, das Heu eingebracht und der Garten gepflegt werden muss. Zudem gab es mannigfaltige Vereine. An den wichtigsten Treff-Punkten gab es Bänke: vor der Schule und auf dem Weg von der Fabrik zum Gasthaus. Die Kreuzung Ringstraße und (heute) Franz-Mehring-Straße mussten die Männer mit den gefüllten Lohntüten passieren, wenn sie in die „Schwarze Stube“ auf ein Bier vorbei schauen wollten – oder zwei oder drei… doch manches Mal kamen sie gar nicht bis zum Zapfhahn, denn auch ihre Frauen wussten, wann Zahltag ist ~